Laudatio von Karen Köhler

Maulinas erstaunliche Abenteuer wurden ja tatsächlich mit dem Jahresluchs der Zeit und Radiobremen ausgezeichnet. Was für eine wunderbare, großartige Sache! Wir freuen uns tierisch und sind noch immer aus dem Häuschen. Bei der Preisverleihung konnte ich aus persönlichen Gründen leider nicht dabei sein, aber ich habe von vielen Seiten gehört, wie wunderbar das alles gewesen sein muss. Die Laudatio von der zauberhaften Karen Köhler habe ich natürlich trotzdem gelesen:

Eine Figur, die mir in den letzten Jahren sehr ans Herz gewachsen ist, und die ich nicht mehr hergeben mag, nicht mehr wegdenken mag aus meiner Literaturlandschaft. Erst wollte ich Kinderbuchlandschaft sagen. Wegen der vielen Illustrationen. Dann Jugendbuchlandschaft. Und dann fand ich beides unpassend, weil es ja auch Bücher für Erwachsene sind. Und dieses seltsam Sperrige, Widerspenstige, nicht in Normen Pressbare, nicht auf den Markt Zugeschusterte, sondern rebellisch Autonome, was sich hier in der Unmöglichkeit der Genrezuordnung zeigt, ist auch einer der Gründe, warum ich so begeistert bin von eurer Trilogie, von euch als Künstlern und als Schöpfer-Eltern von Maulina.  

Euch ist da etwas ganz Besonderes gelungen: Eine Geschichte, bei der in Form und Inhalt ein rebellisches Herz schlägt, aus der Freiheit, Unabhängigkeit und Verlust drängen und eine unbedingte Liebe zu den Figuren. Und hierbei ergänzt ihr euch auf so wundersame Weise: Wie ein Reißverschluss der Erzählkunst finden Text und Illustration in dieser Trilogie zusammen.  

Mich hat Deine [Finns] Wucht beeindruckt. Die Wendungen in Deinen Erzählungen. Deine Bedingungslosigkeit. Ich habe mich Dir als Leserin sehr gerne anvertraut. Denn Du kriegst es hin und wagst Dich an Kanten und in Extreme, ohne Deine Figuren zu verraten, ohne ihnen Inhalte unterzujubeln, die sie nicht tragen könnten.

Du schonst Deine Leser nicht. Du legst Deinen Finger liebevoll in die Wunde und sagst: Oh! Guck mal hier: Wunde. Für mich wurdest Du dadurch zu einem erzählerischen Vorbild. Zu einer Relation. Einer Orientierung. Zu einem literarischen Anker.  

Du [Rán] lässt in Deinen Illustrationen die Protagonisten oft weiß mit schwarzen Outlines und arbeitest mit großen Farbflächen drum herum, mit wenig Farben insgesamt. Da bleibt viel Raum für eigene Phantasie. Deine Illustrationen stechen heraus aus dem Pastelltonfarbmeer der deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchlandschaft.  

Und so, wie Maulina nach Mitteln und Wegen sucht, das, was kaputt ging, zu reparieren und zu verstehen, so klettet sich auch unsere Sehnsucht daran, dem Unvermeidbaren auszuweichen, obwohl wir wissen, dass da nichts zu reparieren ist, weil wir dieses Ende ahnen. Hilflos diesem drei Bände überspannenden Bogen ausgeliefert, erleben wir, wie Maulina sich mit aller Kraft dagegen aufbäumt. Und wir lieben diese bockige, trotzige Maultasche, wir wollen sie beschützen, und können doch nichts tun, als immer weiterzulesen. Die Worte sind wie Flusswasser, das unaufhaltsam auf einen Abgrund zufließt. Und wir treiben mit.

Ich danke Finn-Ole Heinrich und Rán Flygenring für das grenzenlos mirakulöse, spektakulär bunte und tief traurige Universum der Maulina Schmitt, das mir Lachen in den Mund, Tränen in die Augen und Staunen in die Seele trieb. Die beiden haben eine Trilogie in die Welt gezaubert, die es schafft, die Unverschämtheit des Lebens auf leichte Weise einzufangen. Sie haben eine Protagonistin erfunden, mit der es sich maultieren lässt, und die ich gern zur Freundin hätte, mit einer Sprache, die wie Brausepulver in meinem Gehirn prickelt und Illustrationen, die so frech erscheinen, als seien sie aus dem Kopf dieser wundervollen Maulina selbst entsprungen.